12/5/2021 0 Comments Die Ehefrau“[...] »Ich will dir alles erzählen.« Sie hob zuerst, wie in leiser Abwehr die Hand; er faßte sie, behielt sie in der seinen, sah wie fragend und zugleich bittend zu ihr auf, sie nickte ihm zu und er begann.[...] Sie fühlte wohl, daß er ihr nichts verschweigen wollte und konnte. Ruhig lag sie da, die Arme im Nacken verschlungen, und schwieg noch lange, als Fridolin schon längst geendet hatte. Endlich - er lag an ihrer Seite hingestreckt - beugte er sich über sie, und in ihr regungsloses Antlitz mit den großen hellen Augen, in denen jetzt auch der Morgen aufzugehen schien, fragte er zweifelnd und hoffnungsvoll zugleich: »Was sollen wir tun, Albertine?" Sie lächelte, und nach kurzem Zögern erwiderte sie: »Dem Schicksal dankbar sein, glaube ich, daß wir aus allen Abenteuern heil davongekommen sind - aus den wirklichen und aus den geträumten.« „Weißt du das auch ganz gewiß?« fragte er. »So gewiß, als ich ahne, daß die Wirklichkeit einer Nacht, ja daß nicht einmal die eines ganzen Menschenlebens zugleich auch seine innerste Wahrheit bedeutet.« »Und kein Traum«, seufzte er leise, »ist völlig Traum.« Sie nahm seinen Kopf in beide Hände und bettete ihn innig an ihre Brust. »Nun sind wir wohl erwacht«, sagte sie -, »für lange.« Für immer, wollte er hinzufügen, aber noch ehe er die Worte ausgesprochen, legte sie ihm einen Finger auf die Lippen und, wie vor sich hin, flüsterte sie: »Niemals in die Zukunft fragen.«” (Arthur Schnitzler, die Traumnovelle, S.96-97 Z.17-34, 1-14)
Albertine spielt als zweite Hauptfigur neben ihrem Mann Fridolin eine zentrale Rolle in der Erzählung. Während dem ganzen Buch erfährt man nicht viel über Albertine, ihr Äusseres und ihr Alter bleiben für den Leser geheim. Albertines Moralvorstellungen sind weniger konservativ als diejenigen Fridolins. Für sie sind die damals herrschenden Regeln nicht verbindlich. So gibt sie ihrem Mann zu verstehen, dass sie auch schon vor der Ehe bereit gewesen wäre, mit ihm zu schlafen. (Arthur Schnitzler, die Traumnovelle, S.13 Z.2-3) Ihr Geständnis in Bezug auf den Dänemarkurlaub sowie ihr Traum bilden die Auslöser für die Krise zwischen den Eheleuten und die nächtlichen Abenteuer Fridolins. (Arthur Schnitzler, die Traumnovelle, S.8-9 Z.3-34, 1-7 ; S.60-66 Z.21-34, 1-21) Die Eifersucht treibt ihn in jeder Situation dazu, noch einen Schritt zu wagen. In den Momenten, wo er einer Weiblichen Person näher kommt, kommt die Erinnerung an Albertine und ihren Traum hervor. Obwohl es sich bei Albertine nur um ein Gedankenspiel und einen Traum handelt, stört es Fridolin mehr, als man vielleicht erwarten würde. Fehlt es ihm an Selbstbewusstsein, dass er einen imaginären Mann als Gefahr oder sogar Konkurrenten sieht? Oder geht es ihm lediglich nur um den Fakt, dass in Albertines Traum sein Schmerz sie zum lachen brachte? Man hat das Gefühl, dass sich Fridolin ungerecht behandelt, besser gesagt betrogen fühlt. Er möchte es Albertine zurückzahlen, indem er ihr all seine Abenteuer mit den verschieden Frauen gesteht. Es wirkt als überrasche ihn die Reaktion seiner Frau. Sie möchte, dass beide ehrlich sind und das Geschehene akzeptieren und loslassen. Ihre Reaktion könnte man auch auf das Zeitalter, in dem sich die beiden befinden, zurückführen. Damals war es nicht normal gewesen, dass sich eine Frau von ihrem Mann scheiden lässt. Eher wurde von den Frauen erwartet, dass sie es einfach akzeptierten und schwiegen. Somit wird klar, dass Albertine nicht dem typischen Frauenbild dieses Zeitalters entspricht. Auch erwähnt sie gegenüber Fridolin, dass er nicht zu weit in die Zukunft fragen soll. (Arthur Schnitzler, die Traumnovelle, S.97 Z.13-14) Möchte Albertine Fridolin hiermit gestehen, dass sie nichts dagegen hat, wenn er sich in Zukunft weiterhin anderen Frauen nähert?
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12/3/2021 0 Comments Die mysteriöse Frau“Lasst ihn”, sagte die Nonne, “ ich bin bereit, ihn auszulösen.” Ein kurzes tiefes Schweigen, als wenn etwas Ungeheures sich ereignet hätte, dann wandte sich der schwarze Kavalier, der Fridolin zuerst die Parole abverlangt hatte, an die Nonne mit den Worten: “Du weisst, was du damit auf dich nimmst.” “Ich weiss es.” Wie ein tiefes Aufatmen ging es durch den Raum. “Sie sind frei”, sagte der Kavalier zu Fridolin, “verlassen Sie ungesäumt dieses Haus und hüten Sie sich, weiter nach den Geheimnissen zu forschen, in deren Vorhof Sie sich eingeschlichen haben. Sollten Sie irgend jemanden auf unsere Spur zu leiten versuchen, ob es nun glückte oder nicht:-Sie wären verloren.” Fridolin stand unbeweglich. “Auf welche Weise soll diese Frau mich auslösen?” Keine Antwort. Fridolin schüttelte den Kopf. “Verhängen Sie über mich, meine Herren, was Ihnen beliebt, ich werde nicht dulden, dass ein anderes menschliches Wesen für mich bezahlt.” “An dem Los dieser Frau”, sagte der Kavalier. (Arthur Schnitzler, die Traumnovelle, S.51-52 Z.16-31, 1-4)
Nachdem Fridolin sich ein Kostüm bei Herr Gibiser geliehen hatte, ging er zum Haus, indem Nachtigall in der Nacht Klavier spielen musste. Er kam ins Gespräch mit einer Nonne, die ihn aufforderte zu gehen. Fridolin blieb, trotz des Rates der Nonne. Der Abend beginnt mit erotischen Tänzen unter den Teilnehmern, wobei die Frauen nur noch ihr Gesicht verhüllen. Fridolin kommt wieder ins Gespräch mit der Nonne und war von ihrer Schönheit umgarnt. Er wollte sie demaskieren, doch die geheimnisvolle Schönheit schreckte zurück und erläuterte ihm die drastischen Strafen bei einer Demaskierung. Das Gespräch blieb nicht ungehört und Fridolin wurde als Fremder erkannt. Er wird dazu aufgefordert seine Maske abzulegen, jedoch weigerte er sich. Als ein Kavalier ihm die Maske abnehmen wollte, öffnete sich eine Tür und die geheimnisvolle Schönheit trat herein. Die Nonne wäre bereit gewesen, ihn auszulösen(vgl. Arthur Schnitzler, die Traumnovelle, S.51 Z 16-17). Die Frage ist jedoch, was dies heissen würde? Wird die Nonne jetzt für Fridolin tot sein? Dies wird einige Zeilen später deutlicher. Als der Kavalier die Frage von Fridolin mit den Worten “An dem Los dieser Frau” beantwortet, wurde klar, dass sich die Nonne für Fridolin geopfert hatte.(vgl. Arthur Schnitzler, die Traumnovelle, S.52 Z-4). Doch wieso hat sich die Frau für einen fremden Mann geopfert? Diese Frage bleibt für den Leser ungeklärt. Man kann also viel in diese Frage reininterpretieren. Eine mögliche Antwort wäre, dass die Nonne in einer Gesellschaft gefangen war. Es könnte daher sein, dass sich die Nonne wie in einer Art Sekte gefühlt hat und somit keinen anderen Ausweg fand, ausser sich in einem erotischen Maskenball sich für einen Mann zu opfern. Sie wollte damit ihr Leiden beenden. Fridolin wäre aber über jede Antwort nicht erfreut gewesen. Er wollte alle Folgen auf sich nehmen, nur um die Nonne zu retten. Er wollte alles erläutern, nur um mit seinem Gewissen rein zu sein(vgl. Arthur Schnitzler, die Traumnovelle, S.52 Z 10-23), was ziemlich beeindruckend war. 11/30/2021 0 Comments Das Mädchen im Pierrette-Kostüm“[...] zugleich unter dem Tisch sich hervorschlängelnd ein anmutiges, ganz junges Mädchen, fast noch ein Kind, im Pierrettenkostüm mit weißen Seidenstrümpfen durch den Gang bis zu Fridolin gelaufen kam, der sie notgedrungen in seinen Armen auffing.[...] Zugleich rief er zu Fridolin hin: »Herr, halten Sie mir das Mädel fest.« Die
Kleine preßte sich an Fridolin, als müßte er sie schützen. Ihr kleines schmales Gesicht war weiß bestäubt, mit einigen Schönheitspflästerchen bedeckt, von ihren zarten Brüsten stieg ein Duft von Rosen und Puder auf; - aus ihren Augen lächelte Schelmerei und Lust. ” (Arthur Schnitzler, die Traumnovelle, S.38 Z.1-13) Pierrette ist die Tochter des Kostümverleihers Gibiser. Sie trägt ein Pierrette-Kostüm und erscheint somit als weibliches Gegenstück zu Pierrot. Im weiteren Verlauf der Erzählung wird sie von Schnitzler nach ihrem Kostüm „Pierrette“ genannt. (vgl. Arthur Schnitzler, die Traumnovelle, S.38 Z. 2-3) Ihren wahren Vornamen erfahren wir nicht. Pierrette lebt mit ihrem Vater Gibiser zusammen, ihre Mutter wird nicht erwähnt. (vgl. Arthur Schnitzler, die Traumnovelle, S.38 Z. 20-22) So wie sie von Fridolin beschrieben wird und wie Gibiser mit ihr umgeht, kann man annehmen, dass sie noch minderjährig ist. Der Vater beschreibt seine Tochter als Wahnsinnige. (vgl. Arthur Schnitzler, die Traumnovelle, S.38 Z. 20-22) Schon da wird klar, dass es sich hier nicht um eine normale Vater-Tochter-Beziehung handeln kann. Schnell merkt man, dass der Vater mit dem jungen Mädchen umgeht, als wäre sie eine Ware. Es scheint fast als wäre der Vater der Zuhälter und die Kleine eine Prostituierte. Somit kann man dann annehmen, dass der Vater sie als zweite Geldquelle braucht. Fridolin beschreibt sie als ein zierliches helles Wesen, denn das Kostüm ist überwiegend weiß mit eben solchen Strümpfen. (vgl. Arthur Schnitzler, die Traumnovelle, S.38 Z. 3) Diese Beschreibungen würde man nicht wirklich gebrauchen um über ein Kind zusprechen. Er fühlt sich verpflichtet zu bleiben, um ihr in einer drohenden Gefahr beizustehen. Nun stellt sich die Frage, möchte sie Fridolin aus väterlichen Beschützerinstinkten beschützen oder eher aus eigenen Interessen? Oder kommt hier der Arzt zum vorschein, welcher sich um das Kind sorgt? (vgl. Arthur Schnitzler, die Traumnovelle, S.40 Z. 26) Erinnert ihn Pierrette vielleicht an seine eigene Tochter oder doch eher an Mizzi? Später möchte er nochmal sichergehen, dass “dem armen Kind nichts böses” angetan wird.(vgl. Arthur Schnitzler, die Traumnovelle, S.40 Z. 14) Aus diesem Grund kann man davon ausgehen, dass Fridolin die kleine gerne retten und in Freiheit sehen möchte. 11/29/2021 0 Comments Die Prostituierte“[...] Eines der herumstreifenden Mädchen forderte ihn zum Mitgehen auf. Es war ein zierliches, noch ganz jungen Geschöpf, sehr blass mit rotgeschminkten Lippen. Könnte gleichfalls mit Tod enden, dachte er, nur nicht s o rasch! A u c h Feigheit? Im Grunde schon. Er hörte ihre Schritte, bald ihre stimme hinter sich. “ Willst nicht mitkommen, Doktor?” Unwillkürlich wandte er sich um. “ Woher kennst du mich?” fragte er. [...]”, Er trat zu ihr hin, wollte sie umfassen, erklärte ihr, dass sie ihm völliges Vertrauen einflösse, und sprach damit sogar die Wahrheit. Er zog sie an sich, er warb um sie, wie um ein Mädchen, wie um eine geliebte Frau. Sie widerstand, er schämte sich und liess endlich ab( Arthur Schnitzler, die Traumnovelle Seite 24/25, Zeilen 27-34/ 1-2, Seite 26/27, Zeile 34/ 1-4)
Mizzi ist eine sehr junge, erst siebzehnjährige Prostituierte (Arthur Schnitzler, die Traumnovelle, S.26 Z.9). Sie empfängt ihre Freier in einem Zimmer einer Wohnung, welche in einer ziemlich dunklen Gasse in Wien liegt. Mizzi spricht Fridolin nach dem Besuch bei Marianne auf der Strasse an und daraufhin begleitet er sie auf ihr Zimmer. Fridolin beschreibt Mizzi als zierlich und sehr blass mit von Natur aus tiefroten Lippen. In ihrem Zimmer fühlt sich Fridolin wohl und beschreibt es als behaglich und wohlriechend. Mizzi erweist sich als sanft und liebevoll, jedoch stellt man sich die Frage wieso Fridolin etwas mit einer 17-Jährigen haben will? Der Leser bekommt auch in den vorderen Kapiteln den Eindruck, das die Hauptfigur Fridolin auf jüngere Frauen steht. Ein Beispiel wäre das fünfzehnjährige Mädchen, dass er im Dänemark Urlaub getroffen hatte. (vgl. Arthur Schnitzler, die Traumnovelle, S.10 Z.3-10) Macht sich daher Fridolin strafbar? In der heutigen Zeit wäre es eine berechtigte Frage. Schaut man jedoch in die Zeit zurück, waren die Konsequenzen als Erwachsener Mann eine Minderjährige für den Sex zu bezahlen damals viel geringer als heute. Eine mögliche Erklärung dafür könnte das tiefe Heiratsalter zur damaligen Zeit sein. Es war der Norm entsprechend dass sich ein junges Mädchen mit einem erwachsenen Mann verheiratet. Das die Konsequenzen heute viel schlimmer sind können wir als einen Erfolg sehen, da wir als Gruppe es ziemlich eklig fanden wie sich Fridolin an jungen Mädchen anmachte. Am Schluss fanden wir es ziemlich beeindruckend dass sich Mizzi gegen das Geld entschieden hat und Fridolin somit abgewiesen hat. Ist das hier aber kein Widerspruch? Sie hat schlussendlich ihren Job nicht erfüllen wollen und hat sich für einen anderen Weg entschieden. Wir hatten das Gefühl das es sehr viel Mut und Stärke gebraucht hat um als armes junges Mädchen sich gegen das Geld zu entscheiden. 11/25/2021 0 Comments Marianne“Mit einemmal war sie vom Sessel herabgeglitten, lag Fridolin zu Füssen, umschlang seine Knie mit den Armen und presste ihr Antlitz daran. Dann sah sie zu ihm auf mit weit offenen, schmerzlich-wilden Augen und flüsterte heiss: ‘Ich will nicht fort von hier. Auch wenn sie niemals wiederkommen, wenn ich Sie niemals mehr sehen soll; ich will in ihrer Nähe leben.’ Er war mehr ergriffen als erstaunt; denn er hatte es immer gewusst, dass sie in ihn verliebt war oder sich einbildete, es zu sein. ‘Stehen Sie doch auf, Marianne’, sagte er leise, beugte sich zu ihr herab, richtete sie milde auf und dachte: natürlich ist auch Hysterie dabei.” (Arthur Schnitzler, die Traumnovelle, S.18-19 Z.27-34, 1-5)
Sie ist die Tochter des Hofrats, welcher gerade verstorben ist und wird mit ihrem Verlobten, Doktor Roediger, übersiedeln. (vgl. Arthur Schnitzler, die Traumnovelle, S.18 Z. 1-4) Nach diesem Verlust ist es eher unangebracht dem Arzt seine (vermeintliche) Liebe zu gestehen. Marianne erhofft sich dadurch, dass ihr Wunsch nach Fridolin doch irgendwie in Erfüllung geht und sich das Blatt nochmals wendet. In der Hoffnung, dass sie mit ihrem Verlobten nicht übersiedelt und in der Nähe von Fridolin sein kann. Marianne muss zwischen 26 und 27 Jahre alt sein. (vgl. Arthur Schnitzler, die Traumnovelle, S.16 Z. 10-11) Sie ist einige Jahre jünger als Fridolin, trotzdem fühlte er sich nicht angezogen von ihr, geschweige denn erregt. (vgl. Arthur Schnitzler, die Traumnovelle, S.19 Z. 19-20) Weshalb ist das so? Er fühlte sich von einer fünfzehnjährigen angezogen aber von einer jungen Frau nicht? Liegt es daran, weil der tote Hofrat nebenan liegt? Oder weil sie verlobt ist? Liegt es doch an den Duft ihres Kleides? (vgl. Arthur Schnitzler, die Traumnovelle, S.19 Z. 22-23) Diese Frage bleibt ungeklärt. Hier haben wir die Überzeugung, vielleicht auch die Überschätzung von Fridolin, dass er ein absoluter Frauenheld sei und ihm keine Frau widerstehen könne. Etwas was mir auffiel, ist, dass sie sich gegenseitig siezen. Marianne gesteht Fridolin ihre Liebe, spricht ihn aber weiterhin mit “Sie” an. Mit dieser Redeform steht eine gewisse Distanz im Raum, welche aber entgegengesetzt ist. Wie kann Marianne ihn lieben, wenn sie auf einer solchen Distanz zueinander sind? Fridolin sprach von einer “Hysterie” was früher soviel wie eine Verdrängung weiblicher Wünsche bedeutet. Heutzutage wird es eine dissoziative Störung genannt. In diesem Fall kann ich mir beides vorstellen. Zum einem äussert Marianne mit diesem Geständnis einen Wunsch. Jedoch kann auch das andere gemeint sein. Der Tod ihres Vaters ist ein belastendes Erlebnis, Marianne reagierte so gegenüber Fridolin, weil sie diese Erfahrung ausblenden will. 11/23/2021 0 Comments Das Mädchen am Strand “ Es war ein ganz junges, vielleicht fünfzehnjähriges Mädchen mit aufgelöstem blonden Haar, das über die Schultern und auf der einen Seite über die zarte Brust herabfloss.[...] So standen wir uns gegenüber, vielleicht zehn Sekunden lang, mit halboffenen Lippen und flimmernden Augen. Unwillkürlich breitete ich meine Arme nach ihr aus, Hingebund und Freude war in ihrem Blick. Mit einmal schüttelte sie heftig den Kopf, löste einen Arm von der Wand, deutete gebieterisch ich soll mich entfernen; und als ich es nicht gleich über mich brachte zu gehorchen, kam ein solches Bitten, ein solches Flehen in ihren Kinderaugen, dass mir nichts anderes übrig blieb, als mich abzuwenden.” (Arthur Schnitzler, die Traumnovelle, S.10 Z.3-32)
Schon zu Beginn der Novelle wird klar, dass die Ehe von Fridolin und Albertine gewisse Lücken aufweist. Sie sprechen zusammen über den letzt verflossenen Sommer am dänischen Strand. (vgl. Arthur Schnitzler, die Traumnovelle, S.8 Z.18-19) Albertine spricht über die Begegnung mit diesem Mann. Später erzählt Fridolin über das Zusammentreffen mit dem Mädchen. Ehrlich gesagt hat mich diese Textstelle verwirrt und gleichzeitig auch angeekelt. Warum fühlt sich ein 35-jähriger Mann von einer zwanzig Jahre jüngere Frau angezogen? Ich kann das Verhalten des Mädchens komplett verstehen, dass sie nur möchte, dass er gehen soll. Gleichzeitig denke ich aber auch, dass diese Textstelle schon verrät, dass Fridolin geheime Fantasien hat, obwohl mir diese deutlich zu weit gehen. Grenzt dies schon an Pädophilie? Dieser Anfang verrät meiner Meinung nach schon viel über den Inhalt der Lektüre. Man weiss nicht wie alt seine Tochter ist, jedoch stelle ich mir vor, was wäre, wenn seine Tochter im selben Alter wäre. Würde er sie dann auch attraktiv finden? Diese Gedanken, welche Fridolin hat, zeigen vielleicht auch die Unzufriedenheit seiner Ehe. Vielleicht erhofft er sich eine positive Wendung, wenn er dies Albertine erzählt. Ich finde es einen packenden Anfang. Man hat den Drang weiterzulesen und man möchte wissen, wie es weiter geht. |
“Eine als falsch erkannte Meinung ohne falsche Scham aufzugeben, das ist vielleicht die wunderbarste Kraftersparnis, die unserem Geist gegönnt ist; und zugleich die, von der wir am seltensten Gebrauch machen.” (Arthur Schnitzler) |